CLOCKWISE
Dieses Bild ist inspiriert von
Rainer Maria Rilke, DAS STUNDENBUCH
(...)
und jeder Kreis um dich gezogen,
spannt ihm den Zirkel aus der Zeit
(...)
Du bogst mich langsam aus der Zelt,
in die ich schwankend stieg.
(...)
Hinter den Dingen wechselte der Brand,
dass ihre Schatten ausgespannt,
immer mich ganz bedecken.
(...)
es wirrten sich wie Dorngerank
die Linien und die Ovale
(...)
Waltraud Zechmeister sind bei ihrer Lektüre des ersten Teils des "Stundenbuchs" von Rilke verschiedene Bilder und Metaphern des Textes ins Auge gestochen, sie hat diese auf sich wirken lassen und ist durch meditative Assoziationen zu dieser Anordnung der Bilder und Symbole auf dem Malbrett gekommen.
Der Brand des Gedichtes wird in den Flammen des Hintergrundes aufgenommen, die Kreise und Zirkel der Zeit mutiert zu symmetrisch angeordneten Spiralen mit Uhren in jedem Mittelpunkt. Der Gebeugte findet seinen Platz zwischen den Spiralen, die nicht nur die Zeit, sondern auch den Wechsel der Jahreszeiten symbolisieren sollen.
Die Ovale des Textes bilden sich in der linken unteren Ecke wieder den Fixpunkt der Zeitenwippe.
Dabei reduzieren sich die Farben neben dem Rot / Orange das Hintergrundes auf Grün, Braun und Grau,
Dieses Bild ist inspiriert von
Paul Celan, CORONA
Aus der Hand frißt der Herbst mir sein Blatt: wir sind Freunde.
Wir schälen die Zeit aus den Nüssen und lehren sie gehn:
die Zeit kehrt zurück in die Schale.
Im Spiegel ist Sonntag,
im Traum wird geschlafen,
der Mund redet wahr.
Mein Aug steigt hinab zum Geschlecht der Geliebten:
wir sehen uns an,
wir sagen uns Dunkles,
wir lieben einander wie Mohn und Gedächtnis,
wir schlafen wie Wein in den Muscheln,
wie das Meer im Blutstrahl des Mondes.
Wir stehen umschlungen im Fenster, sie sehen uns zu von der Straße:
es ist Zeit, daß man weiß!
Es ist Zeit, daß der Stein sich zu blühen bequemt,
daß der Unrast ein Herz schlägt.
Es ist Zeit, daß es Zeit wird.
Es ist Zeit.
Mit dem Titel des Gedichts hat Celan das Sternzeichen CORONA borealis gemeint, in meinem Bild links oben. Weitere Versatzstücke von Celans Gedicht sind der Mond mit seinem Blutstrahl, die geknackt Nuss, aus der die Zeit entweicht, auch symbolisiert durch die auf dem Mond befestigte Uhr die eine Bilddiagonale. Der Mund stammt von Celan, wird bei Waltraud Zechmeister gleichzeitig zur Hölle, da er der Überträger des Virus ist. Weitere Verweise auf das Virus sind die Maske auf dem Sternzeichen und die Menschen, die in einem Abstand auf die Hölle zugehen. Diese Menschen sind auch inspiriert von Celan, der in seinem Gedicht von Geschlecht spricht als Vagina aber auch als seine Vorfahren. Daher der Titel des Bildes: C. Für CORONA, 50 für die Entstehungszeit des Gedichts und 20 für 2020 und die CORONA Pandemie.
ACRYL AUF LEINWAND / 40 x 40 / 2023 / Preis auf Anfrage
Dieses Bild ist inspiriert von
Regina Hilber, EINE HOMMAGE AN DEN FLUSS TAGLIAMENTO
im Anfang der Brücke
nach Coldriopo schläft
der Letzte seiner Art
zwei die alles wissen aber
nicht voneinander
der Fluss kann sagen was
es ist aber er wird es nicht
aussprechen
die Pappeln im April
/i poi di Avril/
ihnen gehört die Nacht
Der Text in seiner Art, Sprache in verschlüsselter und mehrdeutiger Art zu verwenden, hat Waltraud Zechmeister sofort angesprochen. In ihrer Annäherung an den Text ist sie von der gleich am Anfang genannten Brücke ausgegangen, die sie aber von ihrer örtlichen Gebundenheit loslöst und als Ding an sich, das Verbindungen schaffen kann, definiert. Genauso wird der Fluss zu einem Symbol des Trennenden. Dies wird auch an den beiden Figuren ("zwei die alles wissen aber / nicht voneinander") gezeigt, beide sehen in dieselbe Richtung, was bedeutet, dass sich die männliche von der weiblichen abwendet. Die männliche zeigt Trauer, was noch verstärkt wird durch ihre Position im Fluss. Die weibliche Figur produziert sich oberhalb der Brücke - nur mit einem Bein auf dem Geländer, zeigt ihr Geschick. Das Geheimnis der beiden zu finden, überlässt die Malerin den Betrachtern. Für Waltraud Zechmeister liegt der Fokus des Bildes aber eigentlich auf den Bäumen des Mittelgrundes..
ACRYL AUF MALBRETT / 40 x 40 / 2023 / Preis auf Anfrage
Dieses Bild ist inspiriert von
Georg Trakl, HERBST DES EINSAMEN
Der dunkle Herbst kehrt ein voll Frucht und Fülle,
Vergilbter Glanz von schönen Sommertagen.
Ein reines Blau tritt aus verfallener Hülle;
Der Flug der Vögel tönt von alten Sagen.
Gekeltert ist der Wein, die milde Stille
Erfüllt von leiser Antwort dunkler Fragen.
Und hier und dort ein Kreuz auf ödem Hügel;
Im roten Wald verliert sich eine Herde.
Die Wolke wandert übern Weiherspiegel;
Es ruht des Landmanns ruhige Geberde.
Sehr leise rührt des Abends blauer Flügel
Ein Dach von dürrem Stroh, die schwarze Erde.
Bald nisten Sterne in des Müden Brauen;
In kühle Stuben kehrt ein still Bescheiden
Und Engel treten leise aus den blauen
Augen der Liebenden, die sanfter leiden
Es rauscht das Rohr; anfällt ein knöchern Grauen,
Wenn schwarz der Tau tropft von den kahlen Weiden.
Nach dem Frühlingsbild "ER/SIE IST'S" wollte Waltraud Zechmeister ein Herbstbild nach einem lyrischen Text malen, dabei fiel ihre Wahl auf eines ihrer Lieblingsgedichte von Trakl "Der Herbst des Einsamen". Da dieses Gedicht (siehe oben) sehr viele Bilder und Metaphern aufweist, hat sich Waltraud Zechmeister dafür entschieden, sich bei der malerischen Gestaltung nur an die letzte Strophe zu halten. Der erste Entwurf veränderte sich während des Gestaltungsprozesses immer weiter und entfernte sich damit auch immer mehr von der Stimmung des Originals. Mit der Gestaltung der Engelsflügel, in die goldene Kringel / Schnecken eingewoben wurden, öffnete sich das Bild für die Form des Kringels, der die Dominanz übernahm. Dazu muss angemerkt werden, dass die Schnecke / der Kringel aus dem ureigensten Inneren von Waltraud Zechmeister kommt, die seit der Unterstufe der AHS die Unterlage ihres Schultisches mit diesen Schnecken in den verschiedensten Formen übersäte, und nichts mit Klimts Malstil zu tun hat. Ob das Gold eine Anlehnung an Klimts Bilder ist, kann nicht mit Bestimmtheit gesagt werden.
ACRYL AUF MALBRETT / 40 x 40 / 2023 / Preis auf Anfrage
Dieses Bild ist inspiriert von
Eduard Mörike, ER IST'S
Frühling lässt sein blaues Band
Wieder flattern durch die Lüfte
Süße, wohlbekannte Düfte
Streifen ahnungsvoll das Land.
Veilchen träumen schon
Wollen balde kommen.
- Horch, von fern ein leiser Harfenton!
Frühling, ja, du bist's!
Dich hab ich vernommen.
Waltraud Zechmeister ist in ihrer malerischen Interpretation ausgegangen von dem blauen Band, das durch die "Lüfte flattert", das auch fast die Hälfte des Bildes einnimmt.
In einem langen Schaffensprozess haben sich der Baum und die Harfe mit dem "leisen" Harfenton, symbolisiert durch die Noten eingefunden. Die Figur in der Mitte hat einige Transformationen durchlaufen, bis sie diese endgültige Form erhalten hat, die österreichische Betrachter zu dem Ausruf "Oh, das ist ja unsere Conchita Wurst!" veranlassen - daher auch der Titel des Bildes. Zum Schluss kamen die Blumenwiese und das Rotkehlchen ins Bild - alles in allem ein Ausdruck für unsere Sehnsucht nach Frieden und Harmonie.
DAS BILD SOLL OFFIZIELL CONCHITA WURST GEWIDMET WERDEN - ANFRAGE IST GESTELLT!
ACRYL AUF MALBRETT / 40 x 40 / 2022 / Preis auf Anfrage
Dieses Bild wurde inspiriert von
Ingrid Hausknecht, ELFENTANZ
der duft des moses ruft zum reigen
im ballsaal der uralten fichten!
die elfen bitten die wölfe zum tanz
die lechzend warten
der mond ist zeuge
erwartet in zärtlicher stille
die ankunft der sonnenflut
der elfenreigen geht zu ende
die wölfe haben ausgetanzt
das elfchen weint sich
morgengrauen von der seele
ein elfenkind bangt um seinen letzten kuss
herbeigehofft in einsamen nächten im feuereis
der abschied trägt seltsame früchte
irgendwann mittgas
an einem unbekannten tag
wirft er sie ab
endlich
reif
Waltraud Zechmeister hat das Gedicht auf eine Begegnung einer Elfe mit einem Wolf heruntergebrochen - sei es der Beginn eines Reigen, der im Text beschriebene Abschied oder das erste Kennenlernen. So kann die Stimmung des Himmels sowohl als Morgen als auch als Abend gesehen werden.
Was eigentlich auf der Lichtung passiert, spielt sich im Endeffekt in der Phantasie des Betrachters ab und diese ist ein weites Land.
ACRYL AUF KEILRAHMEN / 36 x 36 / 2022 / Preis auf Anfrage
Dieses Bild wurde inspiriert von
Regina Hilber, ZWISCHNAUFNAHME
da flogen wir über das Zwiebelfeld und
hatten keine Träne mehr für den
Elfenbeinturm
Das Wort ELFENBEINTURM hat bei Waltraud Zechmeister eine Flut an positiven Assoziationen ausgelöst, die sich in einer ersten Skizze niedergeschlagen haben.
Im Laufe des Malprozesses hat sich das Bild bis zu seiner endgültigen Form immer wieder verändert.
Der persönlichen Interpretation des Betrachters sind keine Grenzen gesetzt.
ACRYL AUF KEILRAHMEN / 36 x 36 / 2022 /
Preis auf Anfrage
Das Bild ist von dem folgenden Gedicht inspiriert:
Georg Heym, DER KRIEG 1911
Aufgestanden ist er, welcher lange schlief,
Aufgestanden unten aus Gewölben tief.
In der Dämmrung steht er, groß und unerkannt,
Und den Mond zerdrückt er in der schwarzen Hand.
(...)
Auf den Bergen hebt er schon zu tanzen an
Und er schreit: Ihr Krieger alle, auf und an.
Und es schallet, wenn das schwarze Haupt er schwenkt,
Drum von tausend Schädeln laute Kette hängt.
Einem Turm gleich tritt er aus die letzte Glut,
Wo der Tag flieht, sind die Ströme schon voll Blut.
Zahllos sind die Leichen schon im Schilf gestreckt,
Von des Todes starken Vögeln weiß bedeckt.
(...)
In die Nacht er jagt das Feuer querfeldein
Einen roten Hund mit wilder Mäuler Schrein.
Aus dem Dunkel springt der Nächte schwarze Welt,
Von Vulkanen furchtbar ist ihr Rand erhellt.
(...)
Das doppelte "Aufgestanden ist er" möchte Waltraud Zechmeister mit der schreienden männlichen Gestalt im Vordergrund thematisieren. Der Mann ist ungepflegt, wild, dreckig wie einer der lange in "Gewölben tief" schlief,
Seine Augen sind rot vor Kampfeswut und spiegeln die Flammen der Zerstörung. Bewusst wurde kein Soldatentarnanzug gewählt, sondern ein schwarzer Pullover, der vor dem rot-magenta Hintergrund das Grauen des Krieges noch mehr verstärken soll, der eine Kette mit Totenköpfen um seinen Hals trägt - noch von den letzten Kämpfen, bevor er sich zu dem Schlaf in den Gewölben zurückzog und daher etwas morsch und zerrissen. Hoch über dem Kopf hält der Krieg eine Kalaschnikow, mit der er die kampffähigen Männer in die Schlacht befiehlt. Außer dem brennenden Wald, der direkt vom Gedicht inspiriert ist, stammen die weiteren Kriegsgeräte aus dem 21. Jahrhundert - der Panzer und der Laptop, mit dem jede Art von Raketen und auch ABC Waffen abgeschossen werden können. Der rot-magenta Hintergrund verweist auf die Zerstörung durch den Krieg im allgemeinen und das in Heyms allgegenwärtige Feuer.
Das Bild ist anlässlich des Einmarsches von Putins Truppen in der Ukraine am 24. Februar 2022 entstanden.
ACRYL AUF LEINWAND 40 X 40 / 2022 / Preis auf Anfrage
Dieses Bild ist inspiriert von
Stefan George ALGABAL
Mein garten bedarf nicht luft und nicht wärme ·
Der garten den ich mir selber erbaut
Und seiner vögel leblose schwärme
Haben noch nie einen frühling geschaut.
Von kohle die Stämme · von kohle die äste
Und düstere felder am düsteren rain ·
Der früchte nimmer gebrochene läste
Glänzen wie lava im pinien-hain.
Ein grauer schein aus verborgener höhle
Verrät nicht wann morgen wann abend naht
Und staubige dünste der mandel-öle
Schweben auf beeten und anger und saat.
Wie zeug ich dich aber im heiligtume –
So fragt ich wenn ich es sinnend durchmass
In kühnen gespinsten der sorge vergass –
Dunkle grosse schwarze blume?
Ausgegangen ist Waltraud Zechmeister von dem Satz wie zeug ich dich (...) Dunkle grosse schwarze blume. Daraus entstand die Bilddiagonale, die man entweder als Zeugung der Blume oder auch als Verschlingen des Menschen durch die Blume deuten kann. Die weiteren Versatzstücke stammen alle aus dem Gedicht (Heligtume, ungepflückte Läste auf den Bäumen, leblose Vögel).
Der Titel des Bildes ist auch bewusst zweideutig gewählt: G für George, aber auch für Greta, in deren Vision die Erde vielleicht mal so aussieht, wenn es keinen Klimawandel gibt:
ACRYL AUF LEINWAND 40 x 40 / 2022 / Preis auf Anfrage
Dieses Bild ist inspiriert von
Rainer Maria Rilke, DER PANTHER
Im Jardin des Plantes, Paris
Sein Blick ist vom Vorübergehn der Stäbe
so müd geworden, daß er nichts mehr hält.
Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe
und hinter tausend Stäben keine Welt.
Der weiche Gang geschmeidig starker Schritte,
der sich im allerkleinsten Kreise dreht,
ist wie ein Tanz von Kraft um eine Mitte,
in der betäubt ein großer Wille steht.
Nur manchmal schiebt der Vorhang der Pupille
sich lautlos auf -. Dann geht ein Bild hinein,
geht durch der Glieder angespannte Stille -
und hört im Herzen auf zu sein.
Mit dem Eingesperrtsein des Panthers, der bei Rilke unverkennbar ein Symbol für den Menschen ist, assoziiert Waltraud Zechmeister das Eingesperrtsein während der Pandemie. Auch wir sind eingesperrt in unsere 4 Wände, umgeben von unseren Gedanken, die oft nur um das Virus kreisen - ein Tanz (...)u m eine Mitte - und den Informationen von draußen, symbolisiert durch die Zeitungen im Hintergrund und den PC, der auch auf Homeoffice deuten soll. Und draußen die Natur, zu der wir nicht gelangen können. Das Auge zeigt die Sehnsucht danach - geht ein BIld hinein (...) und hört im Herzen auf zu sein. Auf den weißen Stäben - Verweis auf die digitalen Schranken - ist der Text von Rilke geschrieben, die Pantherpfote verweist auf das Gedicht und die Maske auf Corona.
MIXED MEDIA AUF LEINWAND / 40 x 40 / 2022 / Preis auf Anfrage
ORIGINALTEXT VON I. KAMBANELLIS - die Grundlage für das Bild AMOURÖS
Die SSler hatten die Frauen getrennt, von den Männern gesondert, gehalten. Die meisten Frauen wohnten damals in Zelten nahe dem Wald. Zwischen ihnen und uns befand sich der elektrisch geladene Zaun, den ich jetzt vom Turm aus sah, weiter weg der andere Zaun aus Stacheldraht, alle 60 Meter eine Wache. In jener Zeit standen wir jeden Sonntag, an dem wir nicht arbeiteten, stundenlang dort und sahen die Frauen, die von den Zelten heraustraten und uns ebenfalls beobachteten. Die Distanz, die uns trennte, war groß. Es ist fraglich, ob wir miteinander sprechen hätten können, selbst wenn wir geschrien hätten. Selbstverständlich wagte niemand, etwas Derartiges zu versuchen. Noch war es nötig. Dieses schweigsame, gegenseitige Betrachten, das zwei Zäune aus Stachel-draht durchdrang, hatte keine Sprache nötig. Es waren die Stunden der Liebe in Mauthausen. Jedoch bedenke: Diese Frauen und diese Männer, die einander schweigend unendliche Stunden lang ansahen, waren mit denselben gestreiften, verblichenen, tausendmal getragenen Kleidern von Zuchthäuslern bekleidet. Ihre Körper waren ausgedörrt, ihre Wangen eingefallen und haarig durch den Vitaminmangel. Das Haar geschoren, in einem Streifen von der Mitte der Stirn bis zum Nacken rasiert. Nur die Augen waren größer und tiefer denn je, damit sie die Angst fassen konnten. Der unter Hochspannung stehende Zaun und der Stacheldraht mit den Wachen waren nicht eine einfache technische Installation, sondern ein unüberwindbares Hindernis. Hier legte eine Anordnung fest, dass sich das Männliche vom Weiblichen endgültig trenne. Eine Anordnung, groß wie das Schicksal. Eine Trennung des ewigen Paares. Ein Schnitt gegen die Natur, gegen die vom Himmel und der Erde Bestimmten, „ein Fleisch und Blut“ zu sein. Das Leben brach, die Natur war ermordet. In das Essen schmissen sie Drogen. Die Frauen fühlten sich nicht länger als Frauen. Die Regel blieb aus. Die Männer waren impotent, keine Erektionen, keine nächtlichen Ejakulationen. Die Körper waren verdörrt. Aber diese Sonntage waren die Tage der Liebe in Mauthausen. Das lange, stundenlange Betrachten holte die Lust in ihrer ganzen Heiligkeit und Wehmut in die großen und tiefen Augen. Und du spürtest ein Beben in den Füßen, als würde jemand eine riesige, tief in der Erde steckende Trommel schlagen. Wenn die Zäune plötzlich weg wären... Männer und Frauen würden einander in einem gierigen Begehren fassen. Die halbtoten, knochigen Körper würden umarmt auf das Gras und die Erde rollen, würden schmelzen, würden jaulen, würden sterben, wie... wie der Gefangene, der an einem verschneiten Tag in die SS- Küche raste, eine gekochte Rinderkeule umarmte und aß. Er aß und aß. Sie schlugen ihn und er aß, sie verletzten ihn tödlich und er aß weiter, sie töteten ihn und er aß immer noch.